„Wir waren ungewaschen, ohne medizinische Hilfe, ohne Seife. Der Schmutz wurde braun auf der Haut, es kamen die Läuse, und diese Läuse haben den Typhus gebracht. (…) „Ich war in der Schule in der dritten Klasse und sollte dann in die vierte gehen. Um 6 Uhr morgens sind sie in die Häuser gekommen. Die Gendarmen haben uns rausgeworfen. Nur das, was wir auf den Rücken nehmen konnten, durften wir mitnehmen.“
Die Brüder Braila und Ioan Constantin stammen aus der südrumänischen Stadt Alexandria.
Ihre Familien gehörten zu den sesshaften Roma, wurden aber im September 1942 dennoch deportiert. Sie mussten in verschiedenen Ghettos in Transnistrien arbeiten.
Zurück kamen sie als Waisen. Heute leben sie in Bukarest.
Ioan Constantin:
Untergebracht wurden wir in den Ställen der Kolchosen. Wir bekamen Lebensmittelrationen: 100 Gramm Mehl, 100 Gramm Maismehl pro Person pro Tag, keine anderen Lebensmittel. Wir vermischten das Mehl mit Wasser, und das wurde dann gemacht wie eine Art Fladen. Aus dem Maismehl machte man so einen Maisbrei. Wir waren ungewaschen, ohne medizinische Hilfe, ohne Seife. Der Schmutz wurde braun auf der Haut, es kamen die Läuse, und diese Läuse haben den Thypus gebracht. Auch meine Mutter ist an Typhus erkrankt. Im September 1942 wurden wir deportiert. Meine Mutter hat es nur bis Januar 1943 ausgehalten.
Die während der Nacht an Thyphus gestorben waren, wurden in einen Wagen geworfen. Etwas weiter weg waren Laufgräben, die von den Kämpfen übrig geblieben waren. Sie wurden in die Laufgräben geworfen und dann mit Erde bedeckt.Morgens kamen die Gendarmen. Diejenigen, die gesünder waren, wurden mit Knüppeln heraus und zur Arbeit getrieben. Wir, die die kleineren Kinder, blieben in den Ställen, wo wir untergebracht waren in den Kolchosen. Wir mussten die leeren Säcke bringen, damit sie verladen wurden, und die Ställe reinigen.
Braila Constantin:
Am 9. September 1942, um 6 Uhr morgens, sind sie in die Häuser gekommen: die Polizei, die Gendarmerie, und Angestellte aus dem Rathaus von Alexandria. Die Gendarmen haben uns rausgeworfen. Nur das, was wir auf den Rücken nehmen konnten, durften wir mitnehmen.
Die vom Rathaus stellten ein Protokoll auf über die Güter, die dort zurückblieben. Wir hatten zwei Häuser und was dazu gehörte: Betten, Küche, alles was man hat. Aber als wir zurückgekehrt sind … Ich war der Älteste und ich war 13 Jahre alt. Niemand hatte die Möglichkeit, die Besitztümer zurückzuverlangen.
Innerhalb des Zigeunerdorfes gibt es verschiedene Zünfte. Wie zum Beispiel die Musiker, die waren unter sich, die Kesselschmiede, die wanderten von einer Ortschaft in eine andere. Dann gab es die Bärenzigeuner. Die stellten Gartenwerkzeuge her. Sie hatten auch Bären, die wurden abgerichtet und sie tanzten auf Jahrmärkten usw. Ich war in der Schule in der dritten Klasse und sollte dann in die vierte gehen. Wir waren nicht Nomaden. Unsere Großeltern machten Kerzenleuchter und Schmuck, z. B. für Kirchen. Aber sie mussten mit dem Wagen herumziehen, um die Leuchter zu verkaufen. Und deshalb wurden wir auch deportiert.
Wir wurden am 9. September gefangen, und am 1. Oktober hat man uns in Transnistrien aus den Waggons ausgeladen. Dort waren vier Rinderställe. Ohne Betten, ohne Licht, ohne alles.
Dort haben wir begonnen zu arbeiten, erst bei den Kartoffeln, später haben wir den Mais geerntet. Dann wurden wir in ein Dorf gebracht, und je zwei bis drei Familien in die Häuser der Russen gestreckt. Die wurden herausgeholt und mussten woandershin. Im April 1943 kamen wir zu einer Farm. Wir Kinder bekamen einen Hacken mit so einem Blechteil vorne dran. Und so gingen wir durch den Weizen und jäteten Unkraut. Auch dort lebten wir in Ställen.
Als Ration bekamen wir 100 Gramm Hirsemehl. Wir brachten noch Maiskörner vom Feld. Dort sind wir bis zum Frühling 1944 geblieben. Dann sind wir zu Fuß 90 Kilometer nach Tiraspol gegangen. Ohne Essen, ohne alles, ohne Schuhzeug. Von dort sind wir auf dem Dach eines Zuges nach Rumänien gefahren.
In unserer Gemeinschaft hier ist eine Frau, sie ist 80 Jahre alt. Sie war auch in Transnistrien. Damit sie eine Pension bekommt, hat sie auch die Urkunden eingereicht. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Seit zwei Monaten ist sie gelähmt. Das sind die Umstände, unter denen sie lebt, und sie erhält gar keine Unterstützung. Die staatlichen Institutionen machen oft einen Unterschied zwischen Rumänen und Zigeunern!
Eine redegierte Zusammenfassung des gesamten Interviews
Ioan Constantin
Das Gebiet war leer. Die früheren Einwohner waren weggezogen, und da wurden wir hingebracht und wir wurden gezwungen zu arbeiten dort, wo früher Kolchosen gewesen waren.
Wir wurden nicht bezahlt, es gab keine ärztliche Versorgung, keine Schulen, keine Erziehung. Es gab gar nichts
Untergebracht wurden wir in den Ställen der Kolchosen. Wir bekamen Lebensmittelrationen: 100g Mehl, 100g Maismehl pro Person pro Tag, keine anderen Lebensmittel. Das war die einzige Nahrung pro Tag!
Wir vermischten das Mehl mit Wasser, und das wurde dann so gemacht wie eine Art Fladen. Aus dem Maismehl machte man so einen Maisbrei.
Wir waren ungewaschen, ohne medizinische Hilfe, ohne Seife. Der Schmutz wurde braun auf der Haut, es kamen die Läuse, und diese Läuse haben den Thypus gebracht. Die während der Nacht an Thyphus gestorben waren, wurden in einen Wagen geworfen. Etwas weiter weg waren Laufgräben, die von den Kämpfen übrig geblieben waren. Sie wurden in die Laufgräben geworfen und dann mit Erde bedeckt. Auch meine Mutter ist an Typhus erkrankt. Im September 1942 wurden wir deportiert. Meine Mutter hat es nur bis Januar 1943 ausgehalten. Nach wenigen Monaten ist sie am 12. Januar 1943 gestorben.
Wir waren 6 Kinder. Zwei meiner Geschwister sind dort gestorben. Morgens kamen die Gendarmen. Diejenigen, die gesünder waren, wurden mit Knüppeln heraus und zur Arbeit getrieben. Wir, die die kleineren Kinder, blieben in den Ställen, wo wir untergebracht waren in den Kolchosen und mussten leichtere Arbeiten verrichten.
Wir mussten die leeren Säcke bringen, damit sie verladen wurden. Dann gab es Arbeiten, die täglich verrichtet werden mussten, etwa Ställe reinigen.
Braila Constantin
Am 9. September 1942, um 6 Uhr morgens, sind sie in die Häuser gekommen: die Polizei, die Gendarmerie, und Angestellte aus dem Rathaus von Alexandria. Die Gendarmen haben uns rausgeworfen. Nur das was wir auf den Rücken nehmen konnten, durften wir mitnehmen.
Die vom Rathaus stellten ein Protokoll auf über die Güter, die dort zurückblieben. Die meisten hatten nichts. Wir haben das Protokoll noch. Wir hatten zwei Häuser und was dazu gehörte: Betten, Küche, alles was man hat…
Sie haben das Protokoll noch – bekamen Sie jemals etwas zurück?
Wir haben nichts bekommen. (Lachen). Es sind mehrere Einwohner in die Häuser eingedrungen und die haben alles weggenommen! Als wir zurückgekehrt sind… Die Wohnungen waren auf den Namen der Mutter eingetragen, die verstorben war. Wir hatten keine Sterbeurkunde aus Transnistrien. Ich war der größte und ich war 13 Jahre alt. Niemand hatte die Möglichkeit, dass er die Besitztümer zurückverlangt. Wir waren alle minderjährig.
Wurden alle Tsigan aus dem Dorf deportiert?
Nicht alle. Einige sind geblieben. Innerhalb des Zigeunerdorfes gibt es verschiedene Zünfte. Wie zum Beispiel die Musiker, die waren unter sich, die Kesselschmiede, die wanderten von einer Ortschaft in eine andere. Unsere Großeltern machten Kerzenleuchter, für Kirchen und andere. Sie gossen auch verschiedene Schmuckgegenstände. Dann gab es die Bärenzigeuner. Die stellten Gartenwerkzeuge her. Sie hatten auch Bären, die wurden abgerichtet. und sie tanzten auf Jahrmärkten usw. Sie gingen von einer Ortschaft in die andere. Das Gesetz zur Deportation wurde erlassen für diejenigen, die nicht sesshaft waren. Ich war in der Schule in der dritten Klasse und sollte dann in die vierte gehen. Es war nicht wie bei den Kesselzigeunern. Wir waren nicht Nomaden. Wir hatten Häuser. Aber meine Großeltern mussten mit dem Wagen herumziehen, um die Leuchter zu verkaufen. Und deshalb wurden wir auch deportiert.
Wie war das Verhältnis in Alexandria zwischen den Tsigan und den Rumänen?
Es war ein sehr gutes Verhältnis. Auch die Direktoren, auch der Bürgermeister. Es waren 15 Schüler, und der Priester ist zum Kommandanten gegangen und hat verlangt, dass diese bleiben. Aber niemand konnte uns helfen – auch der Bürgermeister nicht!
Und als wir zurückgekommen sind aus Transnistrien, wurden wir von den Einheimischen ernährt – mehr als zwei Jahre. Sie brachten mir zu Essen. Mal dieser Nachbar, bald ein anderer Nachbar.
Wie ging die Deportation weiter vor sich?
Wir wurden in Autos verladen und an die Stadtgrenze von Alexandria gebracht. Dort wurden wir hinter einem Stall bewacht, 100 Familien aus Alexandria. Dann haben sie uns in Lastwagen und in Viehwaggons nach Transnistrien gefahren. Es gab sehr wenig Wasser. Am 1. Oktober wurden wir aus den Waggons ausgeladen. Dort waren vier Rinderställe. Ohne Betten, ohne Licht, ohne alles. Dort haben wir begonnen zu arbeiten. Zuerst haben wir bei den Kartoffeln gearbeitet. Dann wurde der Mais geerntet. Im November 1942 wurden wir nach Kaseka gebracht. Die Hälfte der Bewohner von dort, der Russen, wurde aus den Wohnungen herausgeholt und je zwei bis drei Familien in einem Haus untergebracht. Und auch wir kamen, je zwei, drei Familien, in ein Haus. Andere kamen in andere Ortschaften, über den Kreis Oceakov verteilt. Dann wurde geprüft: Wer war Rumäne und wer war Zigeuner? Die Rumänen wurden zurück nach Rumänien gebracht, und die Zigeuner, die mussten dort bleiben.
D.h. es waren auch Rumänen deportiert worden?
Ja. Es gab Rumänen, die mit Zigeunern verheiratet waren (und umgekehrt) und am Anfang hat man sie alle mitgenommen! Das waren einige Hundert aus Alexandria. Im April 1943 kamen wir zu einer Farm. Die Kinder mussten dort arbeiten. Wir bekamen so einen Hacken mit so einem Blechteil vorne dran. Und so gingen wir durch den Weizen und jäteten. Auch dort lebten wir in Ställen. Später sind wir in eine andere Ortschaft gebracht worden, nach Suchabarter. (Sucha Balka) Dort gab es 25 Ställe für uns. Als Ration bekamen wir 100 Gramm Hirsemehl. Wir brachten noch Maiskörner vom Feld. Dort sind wir bis zum Frühling 1944 geblieben. Am 1. April sind die Deutschen erschienen. Sie haben uns rausgeworfen aus den Ställen. Zu Fuß sind wir 90 Kilometer nach Tiraspol gegangen. Ohne Essen, ohne alles, ohne Schuhzeug. In Tiraspol hat uns ein rumänischer Hauptmann einen riesigen Stall gezeigt – eine gute Unterkunft. Nach 15 Tagen kam ein Zug, drin waren Deutsche, und wir saßen oben auf den Waggons, auf dem Dach.
Sind Sie in Transnistrien auch auf Juden gestoßen?
Die hatten die Deutschen erschossen. Die waren vorher dort. Die Einheimischen erzählten das: Hier an der Stelle sind Juden, die von den Deutschen erschossen wurden. Man hatte sie in Reih und Glied ausgerichtet, um sie zu erschießen, mit Maschinengewehren.
Wie verstehen sich heute Rumänen und Tsigan untereinander?
Dort wo wir gelebt hatten, schätzt einer den anderen. In der Gesellschaft gibt es keine großen Unterschiede, nur durch die Ämter entsteht der Unterschied. In unserer Gemeinschaft hier ist eine Frau, sie ist 80 Jahre alt. Sie war auch in Transnistrien. Damit sie eine Pension bekommt, hat sie auch die Urkunden eingereicht. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Sie hat sich an eine Roma-Organisation gewandt, die Hilfsgüter verteilt für die, die sehr arm sind und kein Einkommen haben. Da wurde sie auch zurückgewiesen. Seit zwei Monaten ist sie gelähmt. Das sind die Umstände, unter denen sie lebt, und sie erhält gar keine Unterstützung. Die staatlichen Institutionen machen oft einen Unterschied zwischen Rumänen und Zigeunern!