„Hier hat man auf Menschenknochen Kartoffeln angebaut“
In den Jahren 1941 und 1942 hat es in der Nähe von Lubny mindestens zwei Massaker an Roma gegeben. Erst seit wenigen Jahren erinnert ein bescheidenes Kreuz an dieses Verbrechen. Wir sprachen vor Ort mit dem Geschichtslehrer Oleksandr Mykolajowytsch Karpenko und mit Sergij Waleriowitsch Timoschenko, der „Hauptataman“ der sog. Roma-Hundertschaft in der Kosaken-Organisation von Lubny ist.
Beide gaben wider, was ihnen Augenzeugen (die mittlerweile verstorben sind) über die Massenerschießungen berichtet hatten. Demzufolge waren im Winter 1941 ungefähr 50 Roma auf ein offenes Gelände gezwungen worden, das früher ein Schießübungsgelände sowjetischer Einheiten war: „Sie wurden alle zusammengetrieben und durch das Dorf Wilschanka hergeführt. Es war Winter, kalt, sie waren halbangezogen. Hier warteten sie auf ihr Los, und da drüben wurden sie erschossen. Sie mussten sich erst nackt ausziehen, dann wurden sie ermordet, und danach wurde in ihren Sachen herumgewühlt“, gibt Sergij Waleriowitsch den Augenzeugen wider.
Ein zweites Massaker hat sich im Frühjahr 1942 ereignet.
Im September 2011 hätten sie daraufhin auf eigene Initiative einige Grabungen vorgenommen – „hier fanden wir zwei Menschenschädel, der eine groß und der andere war klein, sowie einen Hüftknochen“, so Oleksandr Mykolajowytsch.
Beide Gesprächspartner bestätigen, dass, obwohl die älteren Einwohner des Dorfes alle Bescheid gewusst hatten, die Behörden niemals über dieses Massaker gesprochen hätten. Auf eigene Faust haben die beiden dann eine Gedenkzeremonie organisiert, ein orthodoxer Priester weihte das Gelände. „Wir haben das eingezäunt, damit man wenigstens hierher kommen und Blumen niederlegen kann, wo man zusammenkommen kann. Hier hat man ja auf den Menschenknochen Kartoffeln angebaut und dann verzehrt, das geht so nicht“, erzählt Sergij Waleriowitsch
Die Behörden hätten sich nicht beteiligt, im Gegenteil: Sergij Waleriowitsch und Oleksandr Mykolajowytsch mussten sich sogar noch den Vorwurf gefallen lassen, sich das Gelände zu Unrecht angeeignet zu haben.