Gedenkfeiern in Auschwitz und Workshops in Berlin

Besuch von der Belarusischen Roma-Diaspora

Im Rahmen unseres Programms „Roma-Empowerment in Belarus und Russland stärken“ verbrachten wir Ende Juli/Anfang August eine Woche mit unseren Partner:innen von der Roma-Diaspora Belarus (der größten belarusischen Roma-Selbstorganisation) in Krakau, der KZ-Gedenkstätte Auschwitz und Berlin.

Unsere Partner:innen hatten den großen Wunsch, endlich einmal an der zentralen Gedenkfeier anlässlich des Europäischen Gedenktages zum Roma-Holocaust in der Gedenkstätte des eh. KZ Auschwitz-Birkenau teilzunehmen. Dank der Förderung durch das Auswärtige Amt und die Unterstützung der Visastelle der deutschen Botschaft in Minsk konnten wir dies realisieren. Das insgesamt neunköpfige Team aus Belarus traf am 30. Juli in Krakau ein und absolvierte gemeinsam mit einem Team aus Deutschland (darunter mehrere Teilnehmer:innen des letztjährigen Austauschprogramms in Belarus) ein dichtes Programm. Besonders eindrücklich für alle Teilnehmer:innen war die fast vierstündige Führung über das Gelände des KZ Auschwitz. Die meisten waren zum ersten Mal dort. Sie betonten bei einer Auswertungsrunde in einem Cafe in Oświęcim, wie wichtig es sei, die Dimension des NS-Terrors vor Ort erblicken zu können. Leider war es an diesem Tag nicht möglich, die Ausstellung zum Roma-Genozid ausführlich zu besichtigen.

Eröffnungsveranstaltung der Konferenz zum European Holocaust Memorial Day for Roma and Sinti 2024 in Krakau

Am 31. Juli und 1. August nahmen wir am Kongress zum European Holocaust Memorial Day for Sinti and Roma im Auditorium Maximum der Jagiellonen-Universität in Krakau teil. Neben interessanten Beiträgen ergab sich hier vor allem Gelegenheit, Kontakte aufzufrischen oder neue zu knüpfen – gerade für Gäste aus Belarus ist dies angesichts der Visaproblematik und Reiseerschwernisse (es gibt ja nach wie vor keine Flugverbindungen nach Westeuropa) von großer Bedeutung. In der knappen Zeit dazwischen gab es noch eine Führung durch das frühere jüdische Ghetto.

Die Mehrzahl unseres Teams bestand aus Personen im Alter zwischen 21 und 30 Jahren und konnte an einigen Maßnahmen des Jugendprogramms im Rahmen von Dikh He Na Bister teilnehmen (vielen Dank an das Orga-Team!), unter anderem am Jugendgedenken am 2. August in Birkenau. Die Jugendlichen sowie die älteren Teilnehmer besuchten anschließend gemeinsam die Gedenkfeier auf dem Gelände des ehemaligen „Familienlagers“ für Sinti und Roma. In der folgenden Auswertung wurde deutlich, dass das Jugendtreffen sehr großen Anklang gefunden hatte, während die offizielle Gedenkfeier, geprägt durch viele Reden von politischen Repräsentant:innen, aber auch von Sinti und Roma, darunter auch Zeitzeug:innen, als etwas zu förmlich wahrgenommen wurde.

Workshop zum Digital Story Telling in Berlin

In den Tagen darauf gab es zwei wichtige, ganztägige Workshops in Berlin, an denen unsere belarusischen Partner:innen Bedarf gemeldet hatten: Zum einen zum Thema Oral-History, wo es um die grundsätzliche Bedeutung von Zeitzeugenaussagen, zu Methoden und Verarbeitung ging, zum anderen zum Thema Digital Story Telling. Hier ging es darum, wie Aufklärung zum Thema Holocaust in den sozialen Medien funktionieren kann. Beide Workshops enthielten praktische Übungen, was besonders gut ankam. Ein weiterer Tag war der Reflexion des Programms sowie dem Besuch der Organisation Romani Phen gewidmet, einem feministischen Projekt von Romnja in Berlin. Hier lernten wir unterschiedlichste Ansätze kennen, wie Rom:nja an die Geschichte des Genozids erinnern und die Erinnerung in den Kontext aktueller Auseinandersetzungen um und gegen Antiziganismus stellen. Dabei gab es auch eine Liveschaltung mittels Zoom zu einer Sintizza in Karlsruhe, die über ihre jahrzehntelange Arbeit in der Bürgerrechtsbewegung und das Schicksal ihrer eigenen Familie unter den Nazis berichtete.

Alle Beteiligten waren am Ende erschöpft, aber um etliche Informationen und Kenntnisse reicher. Gerade das belarusische Team sah sich gestärkt in seinem Anliegen, aus den eigenen Reihen Multiplikator:innen auszubilden, um in belarusischen Roma-Communities und darüber hinaus an die Geschichte zu erinnern und im Rahmen der Möglichkeiten in Belarus gegen Diskriminierung vorzugehen.

Ein Wermutstropfen bei alldem: Die zwei Teilnehmer unseres russischen Partners (Stiftung „Wir Roma“ aus Puschkino) hatten kurzfristig ihre Teilnahme abgesagt, nachdem sie von russischen Behörden kontaktiert worden waren.

Frank Brendle, für den Vorstand