»Wir versteckten uns in einer Grube. Hungernd und frierend saßen wir da.«

Katarina Semenowna Ursul – Berezovca * 1929

Katarina Semenowna Ursul


konnte sich mit ihrer Schwester verstecken als ihre Familie abgeholt wurde. Sie wurden von einer Nachbarin aufgenommen. Sie sind die einzigen überlebenden der 14 Familien Mitglieder. Sie erzählt von einem Teich in den die Deutschen Juden und Rom:nja lebendig hinein jagten und sie dort ertrinken und erfrieren ließen.

Katarina Semenowna Ursul
Katarina Semenowna Ursul

Kaum waren die Deutschen hier eingetroffen, begannen sie damit, Juden und Rom:nja zu töten. Und es gab viele Rom:nja.

Dort drüben, kurz vor dem Wald, zwangen sie die Leute, eine Grube auszuheben. Und dort stellten sie sie in einer Reihe auf und schossen auf sie. Dann warfen sie Erde auf sie, und die Erde hob sich hoch empor. In vielen Kolonnen hat man sie hingetrieben, in den Gruben lagen die Menschen wie Bündel. Arme schauten heraus, Beine schauten heraus, kleine Kinder … Es war ein gotterbarmendes Bild des Schreckens, das die Menschen zu Gesicht bekamen. Die Rumänen richteten genau solche Dinge an, vor denen es keine Rettung gab. Sie machten Jagd. Wir sahen große gesunde Kerle, die mit ihren Maschinenpistolen knatterten und die armen Leute wie Hunde in die Steppe jagten und umbrachten. Kinder lagen auf der Straße, niemand schenkte dem Beachtung.

Ganz entsetzlich war es am Teich. Die Deutschen jagten sie ins Wasser, lebendig. Kleine Kinder, schwangere Frauen, alle haben sie in den Teich getrieben, Juden wie Rom:nja. Und im Teich sind sie erfroren, denn es war Winter, im Dezember war das, es war strenger Frost. Eine Kolonne nach der anderen trieben sie hinein. Von der einen Seite die Juden, von der anderen die Rom:nja. Der Teich war sehr tief, sie sind ertrunken oder erfroren. Und dann am dritten, vierten Tag, in der Früh, zwangen sie die Menschen, mit solchen Haken die Leichen einzufangen und aus dem Wasser zu ziehen. Keiner schenkte den Toten Beachtung. Sie waren unnütz, niemand brauchte sie. Sie nahmen sie, zogen sie heraus und warfen sie in die Grube.

Rumänische Rom:nja waren auch hier. Die hatten solche gewaltigen Zöpfe. Die haben sie auch umgebracht. Die Deutschen haben sie den Rumänen übergeben, und die Rumänen töteten sie.

In unserer Familie waren 14 Seelen. Nur eine Schwester und ich sind übrig geblieben, alle anderen sind getötet worden. Die anderen hat man in eine Kolonne versammelt und weggebracht. Ich war klein, meine Schwester auch, und ich fasste sie bei der Hand und wir rannten ab in so eine Grube, die es im Garten gab. Wir warfen einen alten Bademantel über uns und versteckten uns dort. Wir saßen wohl den ganzen Tag dort, bis sie weg waren. Hungernd und frierend saßen wir da. Dann kam die Nachbarin und nahm uns mit zu sich.

Dort in Kiew hat man jenen Rom:nja wenigstens Denkmäler errichtet. Aber den Rom:nja hier überhaupt nichts. Und auch heute hilft uns keiner.

Die Leitung des Kreises Beresowka wirft am 31. 1. 1944 dem Nachbarkreis Mostovoi vor,

„dass die Z.. Ihres Rayons umherziehen und ohne jegliche Genehmigung im gesamten Kreis herumvagabundieren, wobei sie dadurch pathologische Faktoren verschiedenster Krankheiten verbreiten. Um dem sinnlosen Vagabundieren der Z.. abzuhelfen und es einzudämmen, bitten wir Sie, so freundlich zu sein und sofort folgende einschränkende Maßnahmen zu ergreifen:

Schreiben des Kreises Beresowka vom 31. 1. 1944

1. Kein Z.. darf die Ortschaft ohne eine […] Reisegenehmigung verlassen.[…] 3. Nehmen Sie Verbindung zu den Leitern der Gendarmeriestationen und -posten auf, um das Vagabundieren der Z.. zu verhindern. 4. Alle, die ohne Genehmigung reisend oder vagabundierend angetroffen werden, sind sofort zu verhaften. 5. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie für das Vagabundieren der Z.. von uns persönlich zur Verantwortung gezogen werden.“

Katarina Semenowna Ursul mit einem Teil der Projekt Gruppe
Katarina Semenowna Ursul mit einem Teil der Projekt Gruppe