Der Genozid an rumänischen Rom:nja 1942-1944

Die Lebensbedingungen in Transnistrien waren für die Deportierten mörderisch. Die Behörden hatten nahezu keine Vorbereitungen für ihre Aufnahme und Versorgung getroffen. Oftmals wurden die Rom:nja in provisorischen Hütten untergebracht, die ganz oder teilweise unter der Erde lagen, und wo sie den Winter überstehen mussten. Andere wurden in den Ställen von Kolchosen untergebracht. Einige fanden Obdach in Häusern, deren ukrainische Bewohner von den Rumänen vertrieben worden waren.

Roma vor ihrem Zelt. Rumänien, 1936-1940

Roma vor ihrem Zelt. Rumänien, 1936-1940
Quelle: Bundesarchiv 146-2001-16-20A

Den Rom:nja mangelte es an allem: Den Sesshaften war nur die Mitnahme dessen erlaubt worden, was sie eigenhändig tragen konnten. Den Nomaden wurden in Transnistrien häufig die Karren mitsamt ihrem ganzen Besitz abgenommen. Für den Winter hatten sie damit keine angemessene Kleidung, und wenn, waren sie häufig gezwungen, diese gegen ein paar Lebensmittel zu tauschen. Wer nicht in der Nähe eines Waldes untergebracht war, hatte nichts zu heizen. Die Lebensmittelrationen wurden meist unterschritten, sofern überhaupt Lebensmittel ausgegeben wurden. An einigen Orten war die Lage so verzweifelt, dass die Rom:nja das Fleisch der Toten aßen. Die Lager und Ghettos waren zwar meist nicht abgeschlossen, ihr Verlassen zur Nahrungssuche aber gleichwohl gefährlich.

Orginalton des Bildberichterstatters: „Zigeuner. Selbst in Regenwetter und Schlamm laufen die kleinen Kinder halbnackt herum. Wenn sie größer werden, hängen ihnen die Alten ihre abgelegten Lumpen um.“ Triaspol, 6.4.1944

Orginalton des Bildberichterstatters: „Zigeuner. Selbst in Regenwetter und Schlamm laufen die kleinen Kinder halbnackt herum. Wenn sie größer werden, hängen ihnen die Alten ihre abgelegten Lumpen um.“ Triaspol, 6.4.1944
Quelle: Bundesarchiv 183-2004-0203-501 Foto: Friedmann / April 1944

In den dünn besiedelten Gegenden hatten die Rom:nja nur wenig Chancen, sich durch Arbeit selbst zu ernähren. Einigen gelang es, sich durchzuschlagen: Die Rom:nja auf der Kolchose Sucha Balka stellten in Eigenregie Kämme her, die sie verkauften, andere arbeiteten als Kupferschmiede. Oftmals blieb aber nur die Option, bei den ebenfalls armen ukrainischen Dorfbewohnern zu betteln.

Von den Rumänen bestohlen und sich dann selbst überlassen, bedeutete die Deportation häufig den Tod. Im Winter 1942/43 brach in vielen Ghettos und Lagern Typhus aus, ohne dass es medizinische Versorgung gab. Allein im Bezirk Landau betrug die Sterblichkeit mehrere hundert Personen pro Tag. Von 7500 Rom:nja überlebten nur 1800 bis 2400 die Epidemie.

Die Situation der Rom:nja variierte von Region zu Region. Ein Teil der Rom:nja wurde Im Jahr 1943 verstärkt in (Zwangs-)Arbeitsverhältnisse gebracht, unter anderem auch bei Dienststellen der deutschen Wehrmacht. Dabei erhielten sie mitunter ein Minimum an Entgelt bzw. Nahrung. Bis zum Herbst 1943 wurden 2000 Rom:nja, die versucht hatten aus Transnistrien zu fliehen, gefasst. Ein Großteil kam ins Arbeitslager Golta (heute Perwomajsk), wo sie ebenfalls für die Wehrmacht arbeiten mussten. Nach Angaben der rumänischen Gendarmerie bekamen sie dort ebenfalls über Wochen hinweg nichts zu essen.

Als im März 1944 die Rote Armee Transnistrien zurückeroberte und die rumänische Verwaltung floh, mussten die Rom:nja zumeist auf eigene Faust ihre Rückkehr organisieren. Zu Fuß gingen sie nach Bessarabien, wo sie von den rumänischen Behörden erneut festgesetzt wurden, um Zwangsarbeit zu leisten. Hunderte von Rom:nja kamen beim Rückmarsch durch Kälte und Hunger ums Leben. Erst nach dem Sturz Antonescus im August 1944 wurde ihnen erlaubt, nach Rumänien zurückzukehren.

Die Zahl der Todesopfer lässt sich kaum seriös angeben. Historiker nennen meist 11.000-12.000 Tote. Allerdings geht aus rumänischen Dokumenten hervor, dass allein in zwei transnistrischen Landkreisen (Oceacov und Berezovca) bis zum Frühjahr 1943 über 10.000 Rom:nja starben. Die Gesamtzahl der Toten könnte somit, wie auch die Zahl der Deportierten, wesentlich höher sein als belegt. an, weil sie den Gerüchten glaubten, man gebe ihnen Land und Vieh, oder weil sie nicht von ihren Familien getrennt werden wollten.

Rumänische und deutsche Politiker beim Besuch einer Ausstellung über Transnistrien. Bukarest, zwischen 1941 und 1943. Links Maria Antonescu, Ehefrau des rumänischen Diktators, in der Mitte Gheorghe Alexianu, Gouverneur Transnistriens (1946 hingerichtet).
Rumänische und deutsche Politiker beim Besuch einer Ausstellung über Transnistrien. Bukarest, zwischen 1941 und 1943. Links Maria Antonescu, Ehefrau des rumänischen Diktators, in der Mitte Gheorghe Alexianu, Gouverneur Transnistriens (1946 hingerichtet).