»Wir hatten immer Hunger. Morgens, wenn wir aufwachten, waren wieder 10 andere tot.«
Elizabeta Bancu – Brateiu * 1927
Zeitzeug:innen
Hintergründe
Rassismus gegen Rom:nja und Sinti:zze
Projekt
Elisabetha Bancu
wurde mit ihrer Familie an den Bug deportiert. Schon auf dem Weg dorthin starben die Menschen, die deutschen überfuhren sie einfach mit ihren Panzern. Am Bug waren 1 Monat vorher Juden und Jüdinnen die dorthin deportiert worden waren bis auf wenige Familien alle ermordet und verbrannt worden. Dann kamen die Rom:nja dran. Um zu Überleben aßen sie Sonnenblumen Kerne aber wer erwischt wurde wurde erschossen. Als sie zurück nach Siebenbürgen kamen waren sie völlig mittellos. Es gab aber Menschen die ihnen halfen.
Als der Krieg losging, wurden hier die Fabriken angegriffen. Es gab Industrie, eine Metallfabrik. Die Leute wussten nicht, wo sie sich verstecken sollten. Wir haben gesehen, dass die Bomber kamen und dann haben wir uns schnell auf den Boden geworfen und uns versteckt.
Als wir an den Bug mussten, das war so einige Zeit nach dem 1. Mai-Treffen. So um Pfingsten herum muss das gewesen sein. Da waren wir draußen. Dann wurde ein Armeekommando aufgestellt, vor dem wir antreten mussten. Die Gendarmen haben gesagt: Ihr geht jetzt! Macht Euch auf den Weg! Da stand die Polizei und passte auf, dass wir alle zusammen blieben. Und dann sind wir im Konvoi an den Bug gebracht worden. Ich ging mit meinem Vater und sieben Geschwistern. Zwei Monate waren wir unterwegs. Frauen wurden vergewaltigt …
Manchmal kamen die deutschen Soldaten dazwischen und haben uns von den Rumänen abgedrängt, damit sie mit ihren Panzern langfahren konnten. Und das war dann sehr schlimm, die sind mit den Panzern über die Leute rüber gefahren. Wir waren ja noch Kinder und sind möglichst weggelaufen, wenn die Deutschen kamen, um den Weg frei zu machen. Wer nicht mehr reagiert hat, weil er zu schwach war oder so – da sind die Panzer einfach drüber gefahren.
Einen Monat bevor wir an den Bug kamen, waren dort Juden angekommen. Von denen sind alle ermordet und verbrannt worden. Als wir dort ankamen, waren noch so etwa 10 Familien dort. Sie haben gerufen: Die bringen uns um, die bringen uns um – lasst uns frei! Und sie hatten alles Mögliche angeboten. Eine Frau hat auch etwas von Kannibalismus geredet. Zu uns haben sie gesagt, kommt rein hier, wir tun Euch nichts.
Und dann waren wir dran. Wenn die Leute starben, hat man sie in ein Massengrab geworfen. Man hat Benzin über sie geschüttet und sie verbrannt.
Als wir am Bug ankamen, hat man uns alles weggenommen. Wir hatten immer Hunger. Morgens, wenn wir aufwachten, waren wieder zehn andere tot. Wir hatten doch nichts zu essen. Es war kalt. Und dann hat man die Toten so am Hals auf einen Haufen gezogen und dann hat man sie auch angezündet.
Dort wo wir waren, gab es Sonnenblumen. Und wer es schaffte, hat sich die Sonnenblumen geschnappt und die Kerne gegessen. Aber wer sich erwischen ließ, ist erschossen worden. Die Stängel von den Sonnenblumen benutzten wir, um damit Feuer zu machen. Das war unser Holz.
Als wir zurückkamen, standen wir auch völlig mittellos da. Man hatte uns ja alles weggenommen. Da haben uns die Ungarn erwartet [Angehörige der ungarischen Minderheit in Siebenbürgern]. Sie haben uns Wohnung gegeben, sie haben uns zu essen gegeben. Es gab aber auch einen, so einen Verbrecher, der hat zwei Monate nach unserer Rückkehr angekündigt, dass er uns Rom:nja alle wieder zurückschicken will. Aber dann haben sich andere Ungarn für uns eingesetzt. Sie sind gekommen und sagten zu dem: Du gehst jetzt hier weg. Du gehörst hier nicht mehr ins Dorf. Du haust hier ab. Der wurde von den Leuten verprügelt und dann ist er abgehauen.