»Wir sind als Blumen hingebracht worden und als Krähen zurückgekehrt«


Caizer Stănescu – județul (Kreis) Galați, geb. 1921

Caizer Stănescu

Als sie uns im Juni 1942 weggebracht haben, sagten sie, wir bekämen Land und Häuser, alles Mögliche, aber wir haben verstanden, worum es ging. Als wir unterwegs zum Bug waren, haben wir die Gräben gesehen, in denen sie die Juden erschossen hatten. Auch uns haben sie weggebracht, um uns zu vernichten.

Caizer Stănescu
Caizer Stănescu

Als sie uns im Juni 1942 weggebracht haben, sagten sie, wir bekämen Land und Häuser, alles Mögliche, aber wir haben verstanden, worum es ging. Als wir unterwegs zum Bug waren, haben wir die Gräben gesehen, in denen sie die Juden erschossen hatten. Auch uns haben sie weggebracht, um uns zu vernichten.

Zwei Monate waren wir unterwegs, mit unseren Pferden und den Wagen. Dort waren 500 Erdhöhlen für 5000 Rom:nja vorbereitet. Die waren in die Erde gegraben, wie ein Keller. Sie hatten keine Fenster und keine Türen, anfangs auch keine Öfen. Später haben wir so ein Loch hineingegraben und uns einen Kamin gesetzt. Wenn es Schnee gab, haben sich zwei oder drei Familien in ein Erdloch gezwängt. Aber viele mussten im Freien bleiben. Es sind über tausend gestorben. Die Leute hatten ja auch wenig zum Anziehen. Wir sind im Sommer deportiert worden und manche waren nur im Hemd und hatten keine Kleider mehr. Die Kleider waren in den Pferdewagen, die sie uns abgenommen hatten. Ein rumänischer Offizier hat unsere Taschen kontrolliert und alles mitgenommen: Geld, Gold, alles, was wir in der Tasche hatten.

Mitten unter den Erdbehausungen stand ein Rathaus. Dort sind dann alle untergekommen, die es geschafft haben. Aber es gab kein Feuer, und zwei bis drei starben in jeder Nacht. Die Toten wurden entkleidet und nackt aus dem Fenster geworfen. Da war ein Haufen von Leichen.

Wir mussten Getreide zu den Bahnhöfen bringen, dann haben wir Steine zurückgetragen. Wir wurden sehr gequält und durften nicht aus dem Lager gehen. Wer dabei ertappt wurde, dass er ins Dorf ging, um Essen zu kaufen, der musste sich mit dem Gesicht nach unten hinlegen und sie verpassten ihm 25 Keulenhiebe auf den Hintern.

Im Frühling brachte man uns in die Region Bălți in einen Wald. Da war sonst gar nichts, das nächste Dorf war 20 Kilometer entfernt. Wir mussten den Wald abholzen. Aber die Rom:nja verstanden nichts vom Bäumefällen. Fiel ein Baum um, waren noch andere Rom:nja dort, die an anderen Bäumen sägten. Sie hatten es nicht gelernt. Der Baum fiel auf sie und viele starben dort.

Wir haben uns dann Behausungen aus Blättern und Reisig gebaut, und uns dort für den Winter eingerichtet. Wir mussten zehn Kilometer zu Fuß gehen, um unsere Essensration abzuholen. Zum Wasserholen mussten wir zwei Kilometer gehen. Wir bekamen 300 Gramm Mais und Kartoffeln, pro Person und Tag. Und dann haben sie uns noch die Schalen von ausgepressten Sonnenblumenkernen zu essen gegeben. Die Lebensmittel sind manchmal auf dem Rückweg gefroren.

Als die Front am Don-Knie zerbrach, rannte jeder wie er konnte. Die Armee sagte uns, schaut zu, was ihr macht, denn wir machen uns auf den Weg. Wer keinen Wagen besaß und Kinder hatte, trug sie auf den Armen oder steckte sie in einen Brotsack oder trug sie auf den Schultern. Und dann war ein Wetter, dass Gott bewahre! Es begann zu regnen.

Unterwegs überholte uns ein Deutscher, und er nahm das Pferd von einem Wagen weg, um seine Waffen daraufzupacken. In dem Wagen waren elf Kinder. Als sie anfingen zu schreien, stellte der Deutsche das Maschinengewehr auf und erschoss alle. Das Blut floss wie aus Eimern. Schau, ich muss heute noch weinen.

Als wir am Dnister bei Tiraspol ankamen, Mensch, waren wir verflucht oder ich weiß nicht was, kam ein Schneesturm auf. Wir gingen ja nur im Hemd. Wir warteten dort, es begann zu stürmen und es hielt zwei Tage. Die Rom:nja starben wie die Rebhühner.

Und wir gingen weiter, gequält, hungrig, geschlagen, von all unserem Gold, unseren Teppichen, unseren schönen Kleidungsstücken war nichts mehr übrig. Wir kamen an mit dem, was wir gerade an hatten.

Als wir den Pruth [Grenzfluss zu Rumänien] überqueren wollten, da war der Übergang versperrt. Wir mussten 30 bis 50 Kilometer zurück in ein Dorf nach Bessarabien und bei der Getreideernte helfen. Wir hatten Angst, dass wir wieder nach Transnistrien zurück müssen. In diesem Dorf sind wir noch zwei Monate geblieben. Dort gab es Typhus, und es sind sehr viele Rom:nja gestorben. Es war ein großes Elend.

Zwei Jahre war ich in Transnistrien. Man hat uns 1942 hingebracht und 1944 kamen wir zurück. Wir sind hingegangen wie Blumen und zurück kamen wir wie Krähen.

Als wir wieder zurück waren, fingen wir wieder an, mit Kesseln zu arbeiten. Wir machten Kesselchen, Schippen, Schüsseln. Hier kamen wir gut zurecht. Wir haben viel gearbeitet und konnten uns Wagen und Pferde anschaffen.

Deportations Route der Familie von Caizer Stănescu
Deportations Route der Familie von Caizer Stănescu